Physik traf auf Biologie – Quantenmechanik zum Anfassen in Papenburg
Es war ein Kurs der leuchtete, funkte und manchmal auch tanzte: Die diesjährige Schülerakademie in Papenburg zeigte eindrucksvoll, wie sich scheinbar widersprüchliche Disziplinen wie Biologie und Quantenphysik zu einem faszinierenden Ganzen verbinden lassen. Der Kurs „Bioquantenphysik“ unter der Leitung von Anja Galm und Simon Koppenhöfer brachte 16 hochmotivierte Jugendliche zusammen – mit einem Lieferwagen voller Experimente, zwei 3D-Druckern und jeder Menge Forscherdrang.
Während der Akademie arbeiteten die Teilnehmenden an der „Salatdisko“ und eiferten nächtlichen Gehirnstrommessungen nach. Die Teilnehmenden simulierten quantenmechanische Prozesse, entwickelten eigene Experimente und zeigten, dass sie sich weder vor Primärliteratur noch vor Platinen für LED-Bestrahlung scheuten.
Ein Highlight: Das Experiment zur Keimung von Salatsamen unter verschiedenfarbigem Licht. Mit eigens konstruierten Dunkelboxen, LED-Beleuchtung und der richtigen Feuchte untersuchten die Teilnehmenden den Einfluss von Lichtwellenlängen auf die Aktivierung des Phytochrom-Rezeptors. Das Ergebnis: Lollo Rossa keimt anders als Lactuca Sativa – vielleicht eine Frage der molekularen Ausstattung?
Doch damit nicht genug: Die Gruppe wagte sich auch an die Themen aus QOOOL Sensing, wie die Simulation quantenmechanischer Farbentstehung in Salzen und Molekülen wie Retinol. Die berechneten Absorptionswellenlängen lagen teilweise nur ±30 nm vom experimentellen Wert entfernt – eine beeindruckende Leistung für Schülerinnen und Schüler ohne vorherige Quantenmechanikkenntnisse. Zusätzlich wurden auch noch neuronale Bursts (= kurze Phasen, in denen Nervenzellen sehr schnell hintereinander viele elektrische Signale aussenden), NV-Zentren im Diamanten anhand des QOOOL Kit Magnetos und die Navigation von Vögeln im Erdmagnetfeld thematisiert, das zeigt den enormen thematischen Spagat – und die wissenschaftliche Tiefe des Kurses.
Ein weiterer Höhepunkt war der Gastbeitrag von Dennis Lafeld (Universität Jena), bei dem molekulare Photoschalter auf Knopfdruck ihre Farben wechselten. Verwandte Farbwechsel brachten Teilnehmende unter Live-Flötenmusik dazu um einen Topf Kastanienrindensud herum zu tanzen. Wie es dazu kam, bleibt ein Mysterium der Akademie, denn Akademieerlebnisse sind besondere Erlebnisse.
Was bleibt, ist mehr als die gebauten Experimente oder die finale wissenschaftliche Dokumentation der Projekte. Es bleibt der Beweis, dass junge Menschen mit Offenheit, Kreativität und wissenschaftlicher Neugier in der Lage sind, sich in kürzester Zeit tiefgreifend mit aktuellen Themen auseinanderzusetzen. Dass dabei soziale Kompetenzen und echte Zusammenarbeit entstanden, ist vielleicht der nachhaltigste Effekt dieser Akademie.
Wenn Quantenphysik auf Salatsamen trifft, wenn Laserspiegel auf Diamanten zielen, und stumme Arduinos zum Leben erwachen – dann weiß man: „Trockene“ Quantenmechanik kann inspirieren.